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Ideenbewertung mit der Bet-Cost-Matrix

Eric Brecht, Senior UX-Berater bei UX&I
Von

Eric Brecht

Bet-Cost-Matrix Methode erklärt

Steht eine neue Produktidee im Raum, so bringen die Beteiligten meist ein gewisses Gefühl mit – eine ganz persönliche Einschätzung und Stellungnahme zum Produkt. Wie kann aus diesen oft noch diffusen und unausgesprochenen Einstellungen eine gemeinsame und vor allem nutzerzentrierte Bewertung entstehen? Und wie kann das helfen, verlässliche Schlussfolgerungen für das weitere (Über-)leben der Idee zu erhalten?

Die Bet-Cost-Matrix ist eine einfache Methode, die Teams dabei hilft, Ideen oder einzelne Features zielgenau validieren. Dabei wird nicht nur klar, was mit der Idee weiter passieren soll, sondern es entsteht auch ein gemeinsames Verständnis sowie ein stärkeres Commitment innerhalb Teams.

Wie funktioniert die Bet-Cost-Methode?

Eine wichtige Rolle spielt das „Wettschätzen“, aber ganz von vorn: Die Bet-Cost-Matrix besteht aus 5x5 Feldern. Alle Teilnehmer bewerten eine individuelle Idee. Ob großes Gesamtkonzept oder einzelnes Feature, ob User Story oder Epic spielt dabei keine Rolle.

Ideenbewertung mit der Bet-Cost-Matrix
Ideenbewertung mit der Bet-Cost-Matrix

Die Bewertung findet auf zwei Dimensionen statt:

  • Was würdest du wetten, dass Epic/Story XY einen echten Wert für die Nutzer hat? (eigener Wetteinsatz)
    Auf der vertikalen Achse dreht sich alles um die Frage, wie sehr jede/r einzelne an die Idee glaubt, und zwar ausdrücklich in Bezug auf den Nutzen für den User. Durch die Vorstellung eines eigenen Wetteinsatzes entsteht automatisch eine persönliche Beziehung zur Idee, je höher der Einsatz, desto stärker diese Beziehung und damit die Bereitschaft, für die Idee zu kämpfen. Auf der anderen Seite ergibt sich auch ein persönlicher Bezug zur Investition: Es ist nunmal etwas ganz anderes, Geld der Firma einzuschätzen, als das eigene Auto zu verwetten. Das führt oft zu konservativeren Einschätzungen – was gewollt ist.
  • Wie hoch schätzt du die Kosten ein, um Epic/Story XY zu implementieren? (Geld der Firma)
    Auf der horizontalen Achse wird die finanzielle Belastung eingeschätzt, die für das Unternehmen entsteht, sollte die Idee umgesetzt werden. Dahinter steht das Prinzip des leistbaren Verlusts: Was wäre das Unternehmen wohl im Extremfall bereit zu verlieren?

Sowohl der Wetteinsatz als auch die Kosteneinschätzung werden anhand von Referenzen aus dem echten Leben eingestuft. Wir nutzen oft diese Symbole:

🏡 > 🚗 > 🏖️ > 🍽️ > 🍦
Haus > Auto > Urlaub > Restaurantbesuch > Eis

Damit kann wirklich jeder etwas anfangen. Es kommt aber auch gut an, Werte zu nutzen, welche die individuelle Lebenswelt der Teilnehmer oder den Themenbereich der Produktidee aufgreifen. Bei einer Restaurant-App beispielsweise könnte das so aussehen:

🧳 > 👨‍🍳 > 🦀 > 🍽 > 🥜
Schlemmer-Weltreise > Privater Sternekoch > Jahresvorrat Hummer > 3-Gänge-Menü > Nüsschen

Direkt loslegen: Die Methode kann ganz schnell und einfach durchgeführt werden

Die Bet-Cost-Methode ist bewusst so konzipiert, dass sie ohne große Vorbereitung und mit minimalem Aufwand für das Team funktioniert. Jeder Teilnehmer erhält eine Matrix und bewertet die Idee zunächst geheim auf beiden Achsen. Im Anschluss werden alle Bewertungen offen gezeigt. Rund um die unterschiedlichen Einschätzungen der Teammitglieder entstehen spannende Diskussionen, die dabei helfen, ein geteiltes Verständnis innerhalb des Teams zu etablieren. Auch versteckte Annahmen bezüglich Kosten und Nutzen kommen ans Licht. Sobald sich das Team auf eine Bewertung geeinigt hat, wird die Idee auf dem entsprechenden Feld auf der Matrix platziert.

Aus dem Ergebnis wird abgeleitet, wie es mit der Idee weitergeht

Nun folgt das Entscheidende: Aus der gemeinsamen Bewertung werden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet. Dazu werden (oder wurden im Vorfeld) auf der Matrix bestimmte Cluster festgelegt und farbig markiert. Diesen Bereichen werden Aktionen zugeordnet. Nun ist auf einen Blick erkennbar, wie es mit jeder bewerteten Idee weitergehen sollte.

Ein Beispiel: Der grüne Bereich im Bild kennzeichnet eine Idee mit geringem finanziellen Aufwand, aber hohem Nutzen. Keine Frage, diese Idee sollte vorangetrieben werden: build it! Im blauen Bereich entsprechen die Kosten mehr oder weniger dem Nutzen, hier lohnt es sich, mit einem Prototypen zu testen und die Idee evtl. in kleinere Einheiten zu zerlegen. Der rote Bereich – hohe Kosten bei geringem Nutzen – zeigt an, wenn eine Idee noch grundlegenden Research erfordert und pivotiert werden sollte.

Handlungsempfehlungen der Bet-Cost-Matrix
Handlungsempfehlungen der Bet-Cost-Matrix

Cluster und Aktionen sollten je nach Projekt individuell definiert werden.

Fazit: Ideenbewertung leicht gemacht

Die Bet-Cost-Matrix ist eine besonders effiziente und gut verständliche Möglichkeit, das Potenzial von Produktideen einzuschätzen. Du kannst die Methode also einfach ausprobieren. Alles was du brauchst, ist eine leere Matrix mit einem entsprechenden Referenzsystem.

Vorteile der Bet-Cost-Methode:

  • Hilft bei der Beurteilung und Nachqualifizierung von Anwendungsideen
  • Stellt den Glauben an die eigenen Ideen auf den Prüfstand
  • Ermöglicht eine frühe Budget-Einschätzung
  • Steigert das Commitment im Team und sorgt für ein gemeinsames Verständnis
  • Motiviert zu weiterem Research und steigert den Nutzerfokus
  • Hält ausufernde Feature-Wünsche im Zaum
  • Gibt konkrete nächste Schritte vor
  • Auch in Remote-Teams anwendbar

Weitere Fragen?

Die Bet-Cost-Methode wurde entwickelt von Hias Wrba, Managing Director bei UX&I München. Wenn du mehr zur Methode wissen möchten, schreib ihm gerne an hias.wrba@uxi.de. Oder du wirfst einen Blick in seine Präsentation vom Vortrag auf der Mensch und Computer 2019.

Unser Experte

Eric Brecht, Senior UX-Berater bei UX&I

Eric Brecht

Senior UX-Berater

Eric ist Senior UX-Berater und seit 2016 Teil von UX&I. Seit mehr als 11 Jahren berät er Kund*innen im Bereich nutzerzentrierte Produktentwicklung.

Inhaltsverzeichnis
  1. Wie funktioniert die Bet-Cost-Methode?
  2. Fazit: Ideenbewertung leicht gemacht
  3. Weitere Fragen?

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Jessica Berger, Senior UX-Beraterin bei UX&I

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Jessica Berger, Senior UX-Beraterin UX&I

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