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Sartorius

Ein Designsystem als Community-Builder

Sartorius, ein Pionier in der Life-Science- und der Bioprozesstechnik-Branche, erkannte die Bedeutung einer konsistenten User Experience in seinem hochkomplexen Portfolio und suchte nach Möglichkeiten, seine UX-Maturität zu optimieren. Ziel war zunächst ein Designsystem – welches sich nach und nach zum Mastertool für Kommunikation und Kollaboration entwickelte.

Sartorius hat ein Designsystem als Community-Builder erfolgreich im Einsatz

Ausgangslage & Ziele

Inkonsistente Produktgestaltung

Die Produkte von Sartorius, diversifiziert und technologisch komplex, dienen dazu, Innovationen und wissenschaftlichen Fortschritt voranzutreiben. Eine herausragende UX ist unerlässlich und entscheidend, um dem Markenversprechen von „Simplifying Progress" gerecht zu werden. Dieses Ziel muss in einer reduzierten und zugleich mutigen und markenkonformen UX Ausdruck finden. Dem standen jedoch verschiedene Faktoren im Wege. Unter anderem durch vielfältige Akquisen fanden Produktentwicklungen unabhängig voneinander statt. Dies führte zu mehreren, parallel entwickelten Design Libraries, Inkonsistenzen in den User Interfaces und fehlendem projektübergreifenden Austausch. Der Mangel an internen UX-Ressourcen, die variierende UX-Maturität von Teams sowie der Ausbau des Produktportfolios verstärkten die Dringlichkeit für einen standardisierten und nutzerzentrierten UX-Ansatz.

Sartorius
Digitale Produkte bei SartoriusMaschineninterface von Sartorius einheitlich durch ein Designsystem

Das Ziel: ein Designsystem, das verbindet

Sartorius trat an UX&I heran, um gemeinsam eine unternehmensweite, strategische Lösung zu finden. Es sollte eine kohärente Markenidentität und eine verbesserte User Experience über das gesamte Produktportfolio hinweg geschaffen werden. Klar war, dass ein Designsystem benötigt wird, um alle weiteren UX-Aktivitäten zu stärken. Dieses sollte nicht nur als Regelwerk aufgebaut werden, sondern schließlich auch unternehmensweit Anwendung finden. 

Auch hinsichtlich des neuen Corporate Designs, das im Rahmen eines umfassenden Marken-Relaunchs 2020 erstellt wurde, sollte das Designsystem den Rahmen bilden für alle zukünftigen Produktentwicklungen und dabei unterstützen, bestehende User Interfaces bei Bedarf nachzujustieren. 

Zudem sollte UX&I durch die Brille der externen Beratung Erfahrungswerte einbringen und als Sparringspartner unterstützen, Bestehendes hinterfragen und interne UX-Ressourcen mit aufbauen. Ziel war dabei immer, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten und die Kompetenzen nach und nach in die Hände der internen Teams zu geben. 

Was ist ein Designsystem?

Ein Designsystem ist ein Rahmenwerk für die einheitliche Gestaltung digitaler Produkte in Unternehmen. Es dient als umfassendes Wissensreservoir und umfasst Gestaltungsprinzipien, Dokumentationen sowie Umsetzungsanweisungen wie Interface-Komponenten, Code-Snippets, Tonality-Richtlinien und Designvorgaben.

Pascal Hirt,
Manager of Design & UI/UX bei Sartorius

„In unserer wahnsinnig komplexen Produktumgebung konnten wir gemeinsam mit UX&I durch den Aufbau von interner UX-Expertise die Grundlage schaffen, um UX bei Sartorius weiter zu etablieren und zu stärken.“

Pascal Hirt

Manager of Design & UI/UX bei Sartorius

Herausforderungen

Komplexität

Zunächst musste grundsätzlich geklärt werden, wie eine solche Mammutaufgabe in einer derart komplexen Umgebung mit den vorhandenen Ressourcen gelöst werden kann. Eine grundlegende Schwierigkeit war beispielsweise, wie sich das Designsystem für die vielen verschiedenen Technologien der Sartorius-Produkte übersetzen lässt.

Sartorius Branding

Unterschiedliche Anforderungen und Ausgangslagen

Es gab von Anfang an viele Stakeholder und diverse Ansichten und Wünsche. Diese mussten in gemeinsamen Design-Anforderungen unter einen Hut gebracht werden. Hinzu kam, dass bereits verschiedene Teams unabhängig voneinander auf dem Weg waren: Es wurden mindestens vier Design Libraries parallel entwickelt und es war entsprechend viel Zeit und Mühe investiert worden. Dies konnten wir nicht einfach übergehen.

Akzeptanz, Gemeinsamkeit und Engagement

Die wichtigste Herausforderung war es, von vornherein sicherzustellen, dass das Designsystem akzeptiert und genutzt wird. Es war entscheidend, das Commitment von Designer*innen und Entwickler*innen zu erhalten und alle Stakeholder einzubeziehen. Das Gefühl der Gemeinsamkeit und der Arbeit auf ein gemeinsames Ziel musste etabliert werden. Dazu mussten wir an zwei Strängen ziehen: Zum einen mussten wir die Vorteile eines Designsystems vermitteln und deutlich machen, dass es eine wertvolle Hilfestellung für die markenkonforme Gestaltung ist (Brand Compliance war bisher im Bereich Software unspezifisch und schwer sicherzustellen). Zum anderen, und das war noch entscheidender, mussten wir im Sinne eines Bottom-up-Ansatzes allen Beteiligten ermöglichen, mitzuwirken und das Designsystem zu ihrem eigenen Werk zu machen. Es war viel Kommunikation nötig, auch um Hürden zwischen den Teams abzubauen. 

UI/UX Team von Sartorius in einem Workshop, um das Designsystem voranzubringen

Schritte

Anamnese und Research

Wir begannen mit einer Anamnese und versuchten durch intensiven Research, die Heterogenität der Entwicklungsprozesse und Designs zu erfassen und zu verstehen. Wir führten Stakeholder-Interviews durch, sprachen mit unterschiedlichen Projektteams und fanden heraus: Das Wichtigste ist es, alle an einen Tisch zu bringen und mit einzubeziehen.

UX-Research-Ergebnisse mit dem UI/UX-Team von Sartorius auf einem Miro-Board
Ikea-Effekt

Der Ikea-Effekt


Dinge, die wir uns selbst erarbeitet haben – analog zu Möbeln, die wir selbst aufgebaut haben – werden von uns viel höher geschätzt, als etwas, das wir fertig kaufen oder gar ungefragt vorgesetzt bekommen. Der sogenannte Ikea-Effekt spielt auch beim Aufbau eines Designsystems eine entscheidende Rolle. „Am liebsten benutzt man das, was man selbst (mit-)entwickelt hat, das eigene Kind ist immer am schönsten”, betont auch Anita Arnold, UX-Designerin bei Sartorius.

Round Table als Herzstück der Zusammenarbeit 

Nach einer Reihe interner Abstimmungen etablierten wir einen Round Table, bei dem alle zwei Wochen alle relevanten Personen zusammenkommen, beispielsweise Entwickler*innen und Designer*innen aus verschiedenen Projektteams und Vertreter*innen der Abteilung Corporate Branding & Design. Gemeinsam analysierten wir einzelne Komponenten, sammelten Anforderungen, stellten Fragen und fanden zusammen Antworten. Ein großer Vorteil war, dass die unterschiedlichen Expert*innen direkt dabei waren und diverse Fragen geklärt werden konnten, z.B. „Was ist essenziell für die Marke“? Dazu kommt, dass die unterschiedlichen Teams nun auch Einblicke in die Designs anderer Teams hatten und (Nicht-)Freigaben viel leichter nachvollziehen konnten. Dem „Not invented here“-Syndrom konnte somit entgegengewirkt werden.

UX-Workshop bei Sartorius in Göttingen
UX-Spruch: Love the problem, not the solutionUX-Workshop bei Sartorius in Göttingen zur Erarbeitung des Designsystems

Geschwindigkeit und Fokus

Im UI-Design wurden aus den Ergebnissen der Round Tables Komponenten gebaut, diese wurden wieder gemeinsam besprochen, gegebenenfalls optimiert und konnten dann ins Designsystem überführt werden. Alle waren involviert und direkt an der Entstehung des Designsystems beteiligt. Es konnte in einer gesunden Geschwindigkeit analysiert, konzipiert, gebaut, iteriert und vertestet werden. Dennoch wurde niemand übergangen und wir hatten immer das Go der Stakeholder.

Anita Arnold, UX-Designerin bei Sartorius

„Mal von weit drauf schauen, dann in kleinen Teams, immer flexibel, nicht over-engineered, nicht in zu großen Runden … die Kommunikation im Round Table ist offen und hürdelos, das macht die Arbeit sehr schön.“

Anita Arnold
UX-Designerin bei Sartorius

Erfolge

Wir haben ein Designsystem 

Der erste Release des Designsystem „Elements” ist live. Parallel zur Figma Library wächst die Dokumentation. Die Nutzerzahlen steigen kontinuierlich und das Wichtigste: Die Komponenten und Patterns werden verwendet und aktiv angefragt. Allgemein hatte die Figma-Architektur einen sehr positiven Impact im Unternehmen. Sie kommt so gut an, dass auch bestehende Libraries in diese Richtung umgebaut wurden und Designer*innen freiwillig zu Figma wechseln, um mit der Library arbeiten zu können. Auch Nicht-Designer*innen, z. B. Product Owner, fangen an, die Library für ihre Zwecke zu nutzen. Der integrative und kommunikative Ansatz trägt Früchte, das Designsystem wird gelebt.

Designsystem von Sartorius
Fabian Klindt, Brand Manager UI/UX Design bei Sartorius

„Wir sind ein super kleines UX-Team mit einem super wichtigen Thema. Das funktioniert nur, wenn man es gemeinsam macht, die richtigen Leute involviert und mitgestalten lässt und das Ganze als Team leitet (Stakeholder-Management). Wie man es macht, ist wichtiger, als was man macht.”

Fabian Klindt
Brand Manager UI/UX Design bei Sartorius

Round Table bringt alle zusammen

Im Ursprung eher ein Nebenprodukt des Designsystem-Aufbaus, ist der Round Table zu einem wirkungsvollen Bindeglied und Ankerpunkt für verschiedenste Teams und Produktlandschaften geworden. Es ist klar geworden: Kommunikation ist mindestens genauso wichtig wie das Design, auch Silos können aufgebrochen werden, wenn die Kommunikation gefördert wird.

Obwohl die Teilnehmer*innen über unterschiedlichste Zeitzonen verteilt sind, hat sich das Format fest etabliert und wird mit Begeisterung angenommen. Teilweise war es sogar eine Herausforderung, die Teilnehmerzahl nicht zu groß werden zu lassen.

Christian Korff, Senior UX-Berater UX&I

„Ich habe oft gehört: ‘The round table is our favourite activity’. Darauf bin ich total stolz.”

Christian Korff

Senior UX-Berater bei UX&I

Eine kleine „Design Family” und interne Nutzerzentrierung

Designer*innen, die oft relativ isoliert gearbeitet haben, haben nun Einblicke in die Arbeit anderer Produktteams bekommen und können sich mit diesen austauschen und gemeinsam konsistente Produkte schaffen. Gleichzeitig ist der Round Table neben anderen Formaten wie dem UX Community Call ein Grundstein für eine Community of Practice mit Fokus auf UX-Prozesse. Die Kommunikation fühlt sich natürlich an (passend zur Markenkampagne „We’re In This Together”), die Nutzerzentrierung ist auch intern gewachsen.

Jana Roeper, Brand Managerin UI/UX bei Sartorius

„Um Nutzerzentrierung in unseren Produkten voranzutreiben, wollen wir bei Sartorius selbst nutzerzentriert arbeiten. Beim Designsystem sind unsere Kolleg*innen die Nutzer*innen, diese stellen wir in den Mittelpunkt.“

Jana Roeper
Brand Managerin UI/UX bei Sartorius

Hilfe zur Selbsthilfe hat funktioniert

Von Beginn an war unser Ziel als UX&I, uns irgendwann überflüssig zu machen. Die Kompetenzen sollten ins Team gebracht und dort verteilt werden. Daher ist es ein großer Erfolg für uns, Prozesse und Arbeitsweisen etabliert zu haben und einen Grundstein gelegt zu haben, auf dem interne Ressourcen aufgebaut werden können. Die Verantwortlichen sind mit soliden Argumenten für ihr Vorgehen ausgestattet und das Designsystem kann intern selbstständig weiterentwickelt werden. Es gibt einen Pull von den UI-Designer*innen, sie wollen mehr zum Thema beitragen und es übernehmen.

Weiter geht’s

Das Designsystem wird kontinuierlich erweitert und als Ankerpunkt für alle UX-Themen im Unternehmen etabliert, z. B. Methoden, Research oder auch Testing. Es finden verschiedene Aktivitäten statt, um die Awareness und die UX-Maturität weiter zu steigern und die Community of Practice zu vergrößern.

B2B-Designsystem von Sartorius