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Robert Lischke verstärkt UX&I als Senior UX-Berater

Robert Lischke von UX&I auf dem UXcamp Europe Berlin

Seit Frühjahr 2024 bereichert Robert Lischke das Team von UX&I mit seinem Fokus auf die Discovery-Phase und seiner Leidenschaft für methodischen Nutzerresearch. Als Diplom-Psychologe hinterfragt er bestehende Annahmen und schafft so Raum für innovative Lösungen. „Über den Tellerrand schauen, Innovation vorantreiben – dafür braucht man Discovery“, erklärt Robert und zeigt im Interview, warum es sich lohnt, dem Problemraum mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Außerdem teilt er Tipps für effizienten Research, spricht über die Bedeutung von Stakeholder-Management und verrät, warum er so gern in seinen Camper steigt.

Robert, du kommst aus der Psychologie. Wie hilft dir dieser Hintergrund bei deiner Arbeit als UX-Berater?

Was mich schon immer fasziniert hat: Menschen zu beobachten, die Menschen beobachten. Mein Schwerpunkt lag im Studium auf Wahrnehmungs- und Ingenieurspsychologie. Beispielsweise wollte ich herausfinden, warum bestimmte Dinge für bestimmte Menschen nicht möglich sind und was die Auswirkungen sind (z. B. die Dauer einer Gelbphase bei Ampeln). Nachdem ich mich in meinen ersten Jobs mit Usability Testing und der Auswertung großer Datenmengen beschäftigt habe, habe ich im Design-Thinking-Kurs an der HPI gelernt, den Problemraum anzuschauen. Nicht nur zu evaluieren, sondern das Problem zu verstehen. So kommt man auf ganz andere, bessere Lösungen. Auch jetzt als UX-Berater liegt mein Fokus auf der Discovery-Phase.

In der Produktentwicklung herrscht Zeit- und Ergebnisdruck. Warum ist es so wichtig, dem Problem Raum zu geben?

Es ist nicht immer möglich, tief in den Problemraum zu gehen, aber Hinterfragen ist immer wichtig, und das möglichst methodisch. Das kann auch total schnell gehen.

Als externer Berater muss ich mir in kürzester Zeit Fachwissen aneignen und wirklich verstehen, was die Nutzer*innen da tun. Klar geht auch ein fachliches Onboarding mit vielen Dokumenten, aber am Ende muss ich wissen, was die Leute machen, die das Produkt jeden Tag nutzen. Dazu reichen auch schon fünf Kontakte. Die Personen zeigen mir kurz das Produkt und dann lasse ich sie reden: Wie ist das Produkt in die größere Arbeit eingebettet und wo hakt es? 

Ganz oft zeigt sich: Die Probleme liegen vorne und hinten an der Journey – also gar nicht am Produkt selbst. Beispielsweise können Stolpersteine auch durch eine schlechte Aufbereitung der Daten entstehen, die in das Produkt einfließen. Das Produkt ist nicht schuld, aber es muss damit umgehen. So etwas wird schnell übersehen. Da hilft der größere Blick und das Gespräch mit den Leuten. Reine Usability-Fehler kann man schnell entdecken und lösen, aber größere zugrundeliegende Probleme können den wirklichen Unterschied machen.

Und: Der Mehrwert von gutem UI-Design lässt sich schwieriger nachweisen als der eines Features, das wirklich einen Pain löst. Der Hebel ist höher, der Erfolg ist schneller und größer. Über den Tellerrand schauen, Innovation vorantreiben – dafür braucht man Discovery.

Hast du konkrete Tipps und Methoden für die Discovery-Phase?

Erstmal: Hab keine Angst vor Research. Geh vorsichtig und in kleinen Schritten ran. Oft herrscht der Eindruck, alles müsste methodisch total sauber sein, aber gerade am Anfang reicht es, möglichst nah zuhause zu bleiben: Rede zum Beispiel mit dem Support. Frag auch einfach: „Hey, wenn ihr Leute an der Schnur habt, die ein spannendes Problem haben und redebereit sind, schickt sie doch mal zu uns.” So kommst du ganz ohne Rekrutierungskosten zu wertvollen Insights. Du kannst auch kreativ werden. Geh in einen Fahrradladen, sprich mit Menschen, die mit deinen Nutzer*innen interagieren.

Ein zweiter Tipp: Bring auch dein Team näher an die Nutzer*innen. Gerade in Kontexten, in denen Teammitglieder etwas ganz Neues machen oder weit weg von den Kund*innen sind. Lass sie selbst Interviews machen, oft reicht schon ein einziges. Ganz low level, mit einem einfachen Leitfaden aus fünf Fragen und ohne großen Aufwand. Ob sie das Interview selbst durchführen oder nur dabei sind und zuhören – ganz oft macht es Klick. Die Eindrücke sorgen für Empathie, sie bleiben ganz anders hängen. Wenn man es nicht erlebt hat, kann man es nicht nachvollziehen. 

Das bestätigt auch mein Kollege Christian, der in seinem Artikel darüber berichtet hat, wie wichtig es ist, Research selbst zu erleben. Er erklärt, wie Teams durch eigenes Nutzerfeedback nicht nur bessere Entscheidungen treffen, sondern auch ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen entwickeln, die das Produkt wirklich nutzen.

Was war das spannendste Rätsel, das du bisher lösen durftest?

Es ist immer alles spannend, weil ich fast immer fachfremd bin. Hängengeblieben ist – auch weil es gescheitert ist – ein Projekt für eine Bank: Es ging um eine Anlageberatung mit KI-Unterstützung. Das ist schon 7–8 Jahre her, weit weg von ChatGPT. Es war ein Projekt mit viel interner Aufmerksamkeit. Unser Briefing: Macht im Rahmen des Proof of Concept ein tolles Design. Wir sind als gute UXer aber auch in den Problemraum gegangen – einfach weil ein holistischer Blick auf das Thema unser Job ist. Wir haben fünf Interviews gemacht und sind auf ein grundlegendes Problem gestoßen. Nutzer*innen waren verunsichert und fragten sich: „Kann ein Computer mir wirklich vertrauensvolle Tipps für mein Geld geben?” Das war aber für die Stakeholder gar nicht wichtig. O-Ton: „Es muss geil aussehen, am besten noch mit Animationen.” Es war aber klar: Das wird so in dieser Form und mit fehlendem Vertrauen keiner nutzen. Das Proof of Concept wurde dann intern abgesägt. Dabei hätten wir mit einem solchen Produkt weit vor allen anderen sein können.

Wohin geht die Reise im Bereich UX-Beratung?

Ich finde, Stakeholder-Management ist weiterhin als UX-Arbeit unterschätzt. Wir können sehr viel tun, weil wir aus der menschlichen Perspektive kommen. Wir verstehen Stakeholder*innen und Endkund*innen und das Business. Hier können wir auch mit Methoden sehr gut helfen. Etwas Einfaches wie eine Stakeholder-Map kann schon sehr augenöffnend wirken und viel Freizeit schaffen. Sie ist nach einer Stunde fertig, hinterher ist klar, mit wem man sich abstimmen sollte und mit wem nicht. Es ist so einfach, für alle den Fokus zu setzen und Ressourcen zu schaffen für andere Dinge. Wir können Menschentypen schnell einschätzen, am besten, wenn man uns mitnimmt und wir direkt mit den Leuten sprechen können.

UXcamp Europe 2024

Warum kann man sich auf die Arbeit mit dir freuen?

Ich bin sehr strukturiert und arbeite mich gern erstmal asynchron gut ein. Dann greife ich gern zum Telefon und mag den persönlichen Austausch. Wichtig finde ich Agendas und gute Vorbereitung, ich reflektiere immer kurz, ob ich in dem Termin notwendig bin und was ich erreichen will. 

Wie schaltest du ab – und was gibt dir Energie?

Am liebsten fahren wir mit dem Camper raus – zu dritt, als Kleinfamilie, auf engstem Raum. Es ist kuschelig, manchmal auch anstrengend, und wenn’s zu viel wird, kann sich jede*r trotzdem schnell aus dem Weg gehen. Ich mag die Freiheit, wir entscheiden spontan, ob wir weiterziehen oder bleiben. Und das viele Draußensein: ein Feuerchen machen, den Wind spüren – gerade an Orten wie der rauen Ostseeküste im Herbst oder in der Bretagne. Da sind keine Ablenkungen, ich kann Abstand gewinnen.

Mehr von Robert du hier.

Über UX&I

UX&I bietet Beratung, Enablement und Umsetzung rund um das Thema User Experience (UX). Schwerpunkte liegen auf Deep Tech, Enterprise Software und Digitalisierung. Unser Ziel ist es, Menschen darin zu unterstützen, komplexe Technologie in den Dienst der Nutzer*innen zu stellen. Dabei vereinen wir alle relevanten Perspektiven: von Mensch, Business und Technologie.

  • Standorte: Düsseldorf (Hauptsitz), Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, München
  • Mitarbeiter*innen: 38
  • Gründung: 2014
  • Unternehmen: u.a. zehn der fünfzehn größten deutschen Unternehmen setzen auf unsere UX-Expertise

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Alina Binzer
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